Pressebericht

Das Budget ist schmal, die Wirkung groß

Hohenloher Zeitung, 08. Juni 2013

Das Budget ist schmal, die Wirkung groß

Was Theater im Fluss von den großen Freilichtbühnen der Region unterscheidet und so sympathisch macht

Nein, mit den großen Freilichtbühnen dieser Region kann Theater im Fluss nicht mithalten. „Wir liegen himmelweit unter diesen Budgets“, sagte Heiner Sefranek, Vorsitzender des Vereins, bevor die Premiere von „Liliom“ am Donnerstagabend startete. Was Schwäbisch Hall oder Jagsthausen aber nicht haben, ist ein Flussfreibad als Spielstätte, mithin das einzige in Baden-Württemberg. Und diese Mischung aus idealistischer Gesinnung, kerniger Bodenständigkeit und erwartungsfroher Aufbruchstimmung ist dort längst streng durchkalkulierter Professionalität gewichen.

Zugang

„Man hat hier einen direkteren Zugang zu den Stücken und den Schauspielern. Hier ist eine andere Empathie vorhanden“, lobte Professor Harald Unkelbach, Würth-Manager und IHK-Präsident, nachdem die erste Vorstellung gelaufen war. „Mir hat es sehr gut gefallen. Die Aufführung hat richtig gut in die natürliche Kulisse gepasst.“ So wie ihm ging es vielen der 280 Besucher bei der ausverkauften Premiere. Die Schauspieler wurden mit tosendem Applaus verabschiedet.

Künzelsaus Bürgermeister Stefan Neumann strich ein weiteres Alleinstellungsmerkmal heraus: „Durch das Mitwandern beschleicht einen das Gefühl, Teil des Stückes zu sein.“ Mitwandern, das heißt: Die Besucher sind in Bewegung. Die stetigen Ortswechsel verleihen dem Theater im Fluss eine ganz besondere Spannung, die so in der Region nirgends zu finden ist. 2011 startete das Kulturprojekt, und bereits im dritten Jahr hat sich die Reihe voll etabliert – mit anspruchsvollen Stücken, wohlgemerkt. „Davon habe ich zum Teil noch nichts gelesen“, schmunzelte Stefan Neumann. Und trotzdem kommt man gut mit.

„Wir können mittlerweile jede Art von Literatur spielen“, sagte Franz Bäck, der Kopf des Ensembles aus Laiendarstellern. Wohl wissend, dass die dreimonatigen Proben ihm und seinem Team alles abverlangten. „Wir hatten schon Angst, das Publikum zu überfordern: erst mit Horváth, dann mit Brecht. Aber es hat funktioniert.“ Bei Molnars „Liliom“ wird es nicht anders sein. Dafür sorgt schon der einmalige Jahrmarkt, der die Gäste auf das Stück einstimmt. Da steigt der CDU-Abgeordnete Arnulf von Eyb schon mal mit Frau Muskat in die Schiffschaukel. Die Schauspieler mischen sich vor und nach der Aufführung sowie in der Pause unter die Besucher – und sie bauen mit ab und auf.

Das Wetter war zur Premiere ein Traum. Und das Stück Klasse. Dennoch: Theater im Fluss bleibt ein Kampf. „2012 sind wir bei knapp plus minus Null rausgekommen“, meinte Bäck. Und da waren die meisten Vorstellungen ausverkauft.

Autor: Ralf Reichert