Pressebericht
Turbulente Komödie mit viel Esprit
HZ 06. juni 2025
Turbulente Komödie mit viel Esprit
Theater im Fluss feiert Premiere mit „Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag“
Von Götz Greiner
Ein gewaltiges Bild zieht herauf zum Finale. Grüner Nebel wabert und erhebt sich in luftige Höhen. Die Hauptfiguren der Geschichte kommen in einem Kastanienwald zusammen. Vier Türen führten bis hierher in die Räume eines Schlosses, als noch kein Nebel in der Luft lag und normales Zimmerlicht die Szenerie ausleuchtete. Jetzt sind sie dauerhaft geöffnet und geben den Blick völlig frei hinter das Bühnenbild, wo die Darsteller herumstreifen und Taschenlampen schwenken.
Erste Nacht Es ist ein Höhepunkt des Stücks und der Arbeit jener Ehrenamtlichen, die „Figaros Hochzeit oder Ein toller Tag“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais auf die Beine gestellt und inszeniert haben. „Auf der Bühne sehen Sie 350 Meter verbaute Dachlatten, fünf Tonnen Balken und Bohlen, zusammengehalten von 1900 Schrauben, bespannt mir 50 Quadratmeter Molton und 165 Quadratmeter Zierstoff“, sagt Sigrun Hellinger, Vorstandsmitglied des Vereins Theater im Fluss, beim Empfang vor der Premiere. Dazu 890 Meter Kabel, 120 Stecker und 46 Scheinwerfer.
Und das alles für diese Geschichte, in der sich diverse Buhlereien ineinander verkeilen und untereinander verwirren. Allen voran die des Grafen Almaviva, der es auf die Verlobte des Figaro abgesehen hat und von ihr das Recht auf die erste Nacht einfordert, das er eigentlich selbst abgeschafft hatte. „Der Abend lebt explizit davon, dass es dieses Recht gegeben hat“, erklärt Regisseur Thomas Hähne. Historisch lasse sich das aber nicht belegen. Er betont: „Machtmissbrauch, Ausnutzen von Abhängigkeiten und Gewalt hat es gegeben.“ Die Inszenierung solle zum Nachdenken anregen. „Aber wir wollen Ihnen nicht die Welt erklären oder Sie belehren, sondern Sie auch unterhalten.“
Genau darauf liegt der Fokus, und zwar auf ganz unterschiedliche Weise. Da ist Darsteller Niklas Käfer, der Figaros Worte in große Bewegungen übersetzt oder mimisch interpretiert, wenn er die Augen verdreht. Da ist Wolfram Pelzer, der die Sätze des Grafen deklamierend vorträgt und im fast sabbernden Spiel mit Zunge und Lippen den Protoypen eines Lustmolchs verkörpert.
Auch Arien aus Mozarts gleichnamiger Oper tauchen auf, auf der das Stück basiert. Jacqueline Sefranek als Gräfin überstrahlt mit ihrem Gesang. Der Graf bewegt sich sehr ausladend, die weiblichen Rollen wirken eher subtil. Das ist kein Makel der Inszenierung, sondern nachvollziehbar – allerdings nur, wenn man sich der Worte erinnert, die der Regisseur beim Premierenempfang gesagt hat. Ohne die ist allererste Szene wohl nur schwer zu verstehen, die so auch nicht in Beaumarchais’ Werk auftaucht: Da torkeln alle Darsteller als Figuren in Feierlaune auf die Bühne, um sich der Kostüme und Perücken zu bemächtigen. „Es ist eine Glamourgesellschaft, die von dem besonderen Schloss gehört hat. Dort entdeckt sie die Räume, Möbel und Kleidung.“ Die bespielen sie dann und schlüpfen so in die Rollen des Stücks. Es ist also ein Schauspiel im Schauspiel. Allerdings wird die Glamourgesellschaft nicht weiter thematisiert – nur gelegentlich fallende Perücken weisen darauf hin.
Ab und zu durchbrechen die Schauspieler den Text, der im Laut-Stil der Komödie aus dem 18. Jahrhundert daherkommt. Damit schafft es die Inszenierung immer wieder, das Publikum zu erheitern, etwa wenn der Figaro den für eine List erfundenen Sachsen spielt und die Gräfin in diesem Dialekt betört. Oder wenn – auf moderne Weise – munter geflucht wird.
Kritik Die Inszenierung ist eine Mischung aus klugen Witzen, Klamauk und Slapstick. Das passt – schließlich ist es eine Komödie. Und bei dieser Form des Dramas gilt ja grundsätzlich: „Ende gut alles gut“. Damit wird in dem Stück auch den Übergriffigen vergeben. Wie sehr also die im Programmheft angekündigte „bissige Kritik an Machtmissbrauch und Arroganz“ hier deutlich wird? Davon sollte sich jeder selbst überzeugen. Den kurzweiligen Besuch eines Abends im Theater im Fluss ist es jedenfalls wert.
Termine
Das Theater im Fluss spielt in diesem Monat noch neun Mal: am Freitag 6., Samstag, 7., Freitag, 13., Samstag, 14., Donnerstag, 19., Freitag, 20., Samstag, 21., Donnerstag, 26. und Freitag, 27. Juni. Im Juli gibt es noch vier Termine.