Pressebericht
„Theater ist immer Teamarbeit“
Hohenloher Zeitung, 05. Mai 2025
„Theater ist immer Teamarbeit“
INTERVIEW Bühnen- und Kostümbildnerin Ilona Lenk blickt auf ihre dritte Spielzeit in Künzelsau
Von unserer Redakteurin Tamara Ludwig
Es ist der Mitspieler, der auf keinem Pro-
bild. Dabei erzeugt kaum etwas anderes
einen solchen Effekt, beeinflusst so stark
die Wahrnehmung des Theaterpublikums, die
Wirkung eines Stücks. Grenzenlos viele Facet-
ten lassen sich darüber transportieren, ganze
Epochen können überwunden, Milieus lebendig
werden. Ähnliches gilt für die kleine Schwester
des Bühnenbilds, wenn man so will: das Kostüm.
In dieser facettenreichen Welt voller Kreativität
und künstlerischem Ausdruck bewegt sich Ilona
Lenk. Sie ist Bildende Künstlerin, Bühnen- und
Kostümbildnerin. Im Interview erzählt Ilona
Lenk von ihrem Weg in die Kunst, ihrer Arbeit
mit dem Künzelsauer Laien-Ensemble Theater
im Fluss und wieso ihr Engagement dort eine Art
Rückkehr für sie ist.
Die Kultur ist ihr berufliches Zuhause, sei es als
Bildende Künstlerin oder als Kostüm- und Büh-
nenbildnerin. Hatten Sie je einen B-Plan?
Ilona Lenk: Nein, den hatte ich nicht. Wenn ich
aber einen hätte, dann wäre das sicher Meeres-
biologin.
Das geht in eine ganz andere berufliche Richtung.
Was würde Sie daran denn reizen?
Lenk: Mich interessiert generell alles, was mit
dem Meer zu tun hat. Deshalb schnorchle ich hin
und wieder, auch segle ich gerne, allerdings
komme ich nur sehr selten dazu. Das Meer ist ei-
nes der wichtigsten Ökosysteme, ohne das wir
nicht existieren können. Und dennoch zerstören
viele Staaten noch die übriggebliebenen, intak-
ten Gebiete.
Doch Sie sind, wenn man so will, einem nahelie-
genderen beruflichen Pfad gefolgt. Sowohl ihr Va-
ter als auch ihr Großvater waren künstlerisch tä-
tig. Wann haben Sie gemerkt, dass das auch Ihr
Weg ist?
Lenk: Also zunächst habe ich einiges versucht,
um das zu verhindern (lacht). Unter anderem
habe ich auch mal ein Praktikum bei der Heil-
bronner Stimme gemacht, habe zunächst in Frei-
burg Politik- und Literaturwissenschaften stu-
diert. Das Interesse für Kunst war aber natürlich
da, ich bin schon immer lieber mit meinem Vater,
der Bildhauer war, im Atelier gestanden als bei-
spielsweise im Haushalt zu helfen.
Und Sie sind dann eben – trotz anderer Versuche –
doch in einer künstlerischen Laufbahn gelandet.
Wie kam es dazu?
Lenk: Ich habe schließlich an die Freiburger
Schauspielschule gewechselt. Dort habe ich
dann auch gemerkt, dass mein Platz eher hinter
oder neben als auf der Bühne ist. Man muss eine
gewisse Extrovertiertheit mitbringen, um auf
der Bühne zu stehen. Das geht mir ab. Aber ich
habe damals bereits für Kommilitonen, die eige-
ne kleine Stücke umgesetzt haben, am Bühnen-
bild mitgearbeitet oder Kostüme gemacht. Da-
raufhin habe ich mehrere Praktika in dem Be-
reich absolviert, wurde schließlich Assistentin.
Zunächst im Bereich Oper.
Was ist für Sie das Besondere am Theater, warum
sind Sie ausgerechnet dort hängengeblieben?
Lenk: Wenn ich es mit der Malerei vergleiche,
dann ist Theater Teamarbeit. In meinem Künst-
lerdasein entscheide ich alles selbst. Das ist auch
gut, aber ich finde es schön, beide Welten zu ha-
ben und mit anderen zusammenzuarbeiten. Ich
beziehe gerne andere mit ein. Jeder bringt ande-
re Impulse und Ideen mit und vielleicht kommt
dann sogar ein besseres Ergebnis raus, als man
es alleine gehabt hätte.
Teamarbeit ist auch bei einem kleinen, von ehren-
amtlichen Laien gestemmten Projekt wie dem
Theater im Fluss sicher entscheidend.
Lenk: Absolut. Das Technikteam und auch das
Schneiderteam, das sind unheimlich nette Men-
schen, die sind sehr motiviert und haben tolle
Ideen. Das macht große Freude.
Wie kam der Kontakt zu dem kleinen Künzelsauer
Theaterverein zustande?
Lenk: Sigrun Hellinger aus der Vorstandschaft
des Vereins hat bei Thomas Höhne einen Schau-
spielkurs besucht. Weil sie seine Arbeit gut fand
und damals ein Regisseurwechsel beim Theater
im Fluss anstand, hat sie ihn angesprochen. Er
wiederum hat mich gefragt, ob ich mitkommen
würde. Wir kennen uns schon länger, haben un-
ter anderem in Baden-Baden und Schwäbisch
Hall zusammengearbeitet. Und da habe ich spon-
tan Ja gesagt.
Sie mussten Künzelsau nicht googeln, Sie sind hier
am Ganerben-Gymnasium zur Schule gegangen.
Wie war das für Sie, zurückzukehren?
Lenk: Das war natürlich schön, darüber habe ich
mich gefreut. Ich bin in der Nachbargemeinde
Braunsbach aufgewachsen, habe auch noch
Freundinnen in der Region. Außerdem bin ich im
Haller Kunstverein wie auch im Hohenloher
Kunstverein Mitglied und so immer noch mit der
Region verbunden.
Wie unterscheidet sich ihre Arbeit im Profi-Theater
vom Laientheater wie dem Theater im Fluss?
Lenk: Ich habe schon mit anderen Laien-Thea-
tergruppen gearbeitet. Aktuell bin ich beispiels-
weise zusätzlich in Riedlingen engagiert. Ich ar-
beite gerne mit Laien zusammen. Ich habe das
Gefühl, die wollen lernen und besser werden –
und das klappt dann auch. Und das alles machen
die nebenher, opfern viel Freizeit. Das Engage-
ment spürt man in den Proben, die Motivation ist
hoch. Das heißt nicht, dass das an professionel-
len Häusern anders sein muss, aber die Energie
ist oft eine andere.
Und die Ausstattung.
Lenk: Ja, am Stadttheater gibt es erstmal alles.
Scheinwerfer, Bühne, manchmal sogar mehrere
Bühnen, eine Drehbühne, eine Hebebühne, ei-
nen Schnürboden, auf dem man Dinge hoch und
runter fahren kann. Das alles hat man hier nicht.
Trotzdem schafft man es, ein komplettes Thea-
ter mitten auf die Wiese des Kocherfreibads zu
stellen. Das ist bemerkenswert.
Wie beeinflusst das Ihre Arbeit, dass Sie hier auf
der grünen Wiese beginnen?
Lenk: Zunächst weiß ich ja, dass wir am Ende
eine Bühne, Strom und Licht haben werden
(lacht). Regisseur Thomas Höhne und ich setz-
ten uns dann zuerst immer damit auseinander,
dass wir eine Open-Air-Situation haben, überle-
gen, wie man diese ins Bühnenbild integriert.
Bei unserer ersten gemeinsamen Inszenierung
hier, haben wir den „Sommernachtstraum“ von
Shakespeare umgesetzt. Da haben wir viel mit
dem Fluss gearbeitet, das hat sich angeboten.
Außerdem setzen wir gerne Nebelmaschinen
ein – wenn der Nebel über den Fluss zieht, das
sieht einfach toll aus.
Die Umgebung wirkt ja als Bühnenbild mit.
Lenk: Alleine schon, in welche Richtung ge-
spielt wird, wie die Bühne ausgerichtet ist, spielt
eine wichtige Rolle. Dieses Mal etwa spielen wir
vom Publikum aus gesehen in Richtung Osten.
Da haben wir eine parkähnliche Situation, die wir
für das Stück nutzen wollen. Anderswo fährt eine
Kulisse aus dem Boden hoch oder rollt von der
Seite ein. Wir nutzen die natürliche, vorhandene
Umgebung.
Und wie gehen Sie dann weiter vor?
Lenk: Ich mache mir ein künstlerisches Bild. Im
Beispiel des „Figaro“, den wir diese Saison zei-
gen werden, geht es dramaturgisch schlicht
nicht ohne Türen. Die sind ein Muss. Aber natür-
lich ist die Entstehung einer Inszenierung nicht
statisch, es kommen während der Proben auch
Ideen hinzu. Das betrifft aber nicht unbedingt
die Kulisse, sondern eher weitere Zutaten.
Dürfen Sie denn schon verraten, was Ihre grund-
sätzliche künstlerische Idee für den „Figaro“ ist?
Lenk: Nur so viel: Es wird Türen geben (lacht).
Und die Kostüme werden an den Glam und Glit-
ter der 1980er Jahre erinnern.
INFO Premiere
„Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag“ feiert am 4. Juni
im Künzelsauer Kocherfreibad Premiere. Weitere In-
fos gibt es unter www.theater-im-fluss.com.