Pressebericht

Doppelter Puck bringt doppelten Spaß

Hohenloher Zeitung, 09. Juni 2023

Doppelter Puck bringt doppelten Spaß

KÜNZELSAU Theater im Fluss überzeugt mit temporeicher Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“

Von unserer Redakteurin Tamara Ludwig

Gehüllt in künstlich erzeugte Nebelschwaden, das warme Licht der untergehenden Sonne als glitzernd-gelbe Funken zwischen den Blättern der Bäume: Da braucht es am Mittwochabend nicht viel Fantasie, sich in einem Zauberwald zu wähnen. Der ist voller mystischer, teils wahnwitziger Charaktere, die William Shakespeare einst erschaffen und Regisseur Thomas Höhne nun für das Laien-Ensemble vom Theater im Fluss neu interpretiert hat. Fürwahr „Ein Sommernachtstraum“, den die Künzelsauer Schauspieltruppe ihrem Publikum bereitet, dessen teils schallendes Gelächter sich weit ins Kochertal trägt.

Dass die Geschichte von erfüllter und unerfüllter Liebe zu einem klamaukhaften Verwirrspiel wird, dafür sorgt in der Literaturvorlage wie auch auf der Bühne des Kocherfreibads Puck, eine der bekanntesten Narrenfiguren überhaupt. Lange galt es in der Theaterwelt bereits als Wagnis, Puck von einer Frau spielen zu lassen – obwohl Shakespeare der Figur kein spezifisches Geschlecht gegeben hat. Höhne traut sich noch einen Schritt weiter und lässt Puck nicht nur von einer Frau, sondern gleich von zweien spielen: Jacqueline Sefranek und Sigrun Hellinger agieren dabei mit brillanter Mimik, sprechen immer wieder hervorragend synchron und überzeugen mit jeder Menge komödiantischem Talent. Kurz: Die Koboldin nimmt man ihnen ab. Doppelter Puck bringt doppelten Spaß, das steht fest.

Das gesamte Ensemble – ob Haupt- oder Nebenrollen – zeigt sich dem Premierenpublikum von seiner besten Seite. Sei es, was Textsicherheit oder auch schauspielerische Leidenschaft angeht. Und Publikumsliebling Uli Stier als Zettel ruft Lachtränen in den Gesichtern der Zuschauer hervor, mit und ohne Eselsohren.

Demut Regisseur Thomas Höhnes Inszenierung des bekannten Stoffs zeugt von einem tiefen Verständnis des Stücks, von einer gewissen Demut der Vorlage gegenüber, ohne diese mit Samthandschuhen anzufassen. Sie wagt sich – etwa bei Kostümen und Bühnenbild, beim Einsatz von Mofa und Quad – in die Gegenwart, kontrastiert diese aber mit der poetischen Sprache der Übersetzung des Literaturhistorikers August Wilhelm von Schlegel.

Komplex Eine Pause von schwerer Kost nannten es im Vorfeld so manche in Künzelsau, als bekannt wurde, welches Stück der Theaterverein 2023 spielt – ein Hauch Erleichterung schwang da mit. Shakespeare allerdings als leichte Kost zu verstehen, das gelingt wohl nur, wenn der Zuschauer – ob klamaukiger „Sommernachtstraum“ oder schwermütiger „Hamlet“ – lediglich an der Oberfläche der gezeigten Stücke kratzt. Denn wer unter diese Oberfläche sieht, der findet Schicht um Schicht komplexe tiefenpsychologische Strukturen, historische Anspielungen, ein aus heutiger Sicht zweifelhaftes Frauenbild und intellektuelle Gesellschaftskritik vor. Mehrere Handlungsstränge verwebt der Dichter zudem miteinander, die das Verwirrspiel des Stücks auch in der literarischen Form sichtbar machen. Ach ja, und verpackt ist das Ganze dann in eine Sprache, die – ob original oder in der Übersetzung Schlegels – in heutiger Zeit wohl kaum noch als verständlich durchgeht. Also: Nein, mit dem „Sommernachtstraum“ hat sich das Theater im Fluss keinesfalls von schwerer Kost abgewandt. Der Unterschied ist lediglich, dass sie – von Shakespeare selbst so konzipiert – in gefälligem Gewand daherkommt, den Zuschauer nicht zwingt, in die Komplexität vorzudringen und vielen dadurch leichter verdaulich ist. Wohl bekomm’s!

Termine und Karten

Weitere Aufführungen im Kocherfreibad sind am 10., 15., 16., 17., 21., 24., 25., 28. und 30. Juni, sowie 1., 5., 7. und 8. Juli. Eintrittskarten gibt es unter www. theater-im-fluss.com, bei Tabak Brückbauer in Künzelsau, bei Reservix-Verkaufsstellen sowie unter www.reservix.de.