Pressebericht

Der zweite Anlauf gelingt

HT, 27. Juni 2024

Der zweite Anlauf gelingt

Premiere: Das Theater im Fluss verlegt in Künzelsau Goethes „Faust 1“ in die 1920er-Jahre.

Künzelsau. Das Hochwasser hat die erste Premiere vereitelt. Doch im zweiten Anlauf ist dem Theater im Fluss mit „Faust 1“ ein umjubelter Saisonstart geglückt. Besonders gewürdigt hat das Publikum die schauspielerische Leistung bei der dreistündigen Aufführung im Freibad an einem regenfreien Abend. Schließlich ist Goethes Klassiker trotz der Bearbeitung durch Regisseur Thomas Höhne kein leichter Stoff.

Komödiantische Elemente. Das war auch bei der Premiere zu spüren, obwohl Höhne auf die Tradition des Volkstheaters zurückgegriffen hat. Höhne hat komödiantische Elemente eingebaut und die Handlung in die 1920er- Jahre verlegt, mit turbulenten Volksszenen. Die Walpurgisnacht erinnerte eher an eine rauschhafte Party. Die musikalische Begleitung der Braunsbacher Musikerin Katerina Kraft machte viele Szenen eingängiger.

Angekündigt hatte der Regisseur nicht nur eine Wander-, sondern auch eine Wunderbühne. Dort zeigte sich manch wundersame Verwandlung, vor allem durch die Teilung der Rollen. So verkörpert zunächst Uli Stier den Faust. Dieser scheint mit einigen hohenlohischen Akzenten ausgestattet. So scheint er dem Publikum als Figur näher zu sein als der strenge Forscher aus der Tragödie. Später, als Liebender, überzeugt Christian Clavadetscher in der Rolle. Den Mephistopheles „teilten“ sich Angela Bayer, Felix Kaltenbacher und Jacqueline Sefranek. Sie brachten ganz unterschiedliche Nuancen ein und begeisterten mit ihrem Spiel.

Viel Applaus Die Laszivität und Freizügigkeit der 20er-Jahre blitzte immer wie- der auf. Dies zeigte sich auch im Verhältnis von Mephistopheles und Margaretes (Annie Koffler) Nachbarin Marte Schwerdtlein, schön gespielt von Sigrun Hellinger. Beeindruckend bei der doch nicht gebräuchlichen Sprache war die Textsicherheit des Ensembles. Dieses zeigte sich erleichtert nach der gelungenen Premiere und wurde mit viel Applaus verabschiedet.
Haller Tagblatt • Von Rainer Lang